Die jährliche Überprüfung der Luftqualität in Deutschland ergab, dass im Jahr 2022 zum fünften Mal in Folge keine Überschreitungen der Feinstaubgrenzwerte auftraten. Die aktuellen Daten zeigen, dass der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO?) von 40 µg/m³ Luft nur noch an zwei Messstationen in München und Essen überschritten wurde. Die vorläufige Auswertung basiert auf Messdaten von etwa 500 Stationen und wurde vom Umweltbundesamt in Zusammenarbeit mit den Ländern durchgeführt.
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Neue Luftqualitätsrichtlinie der EU-Kommission: UBA unterstützt schärfere Grenzwerte nach WHO-Maßstäben
Dirk Messner, der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), zeigt sich erfreut über die fortgesetzte positive Entwicklung im Jahr 2022. Er betont jedoch, dass trotz der erzielten Fortschritte die geltenden Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid veraltet sind und nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die gesundheitlichen Auswirkungen von Luftverschmutzung entsprechen. Aus diesem Grund unterstützt er den Entwurf der EU-Kommission für eine neue Luftqualitätsrichtlinie, die schärfere Grenzwerte vorsieht, die sich stärker an den Richtwerten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren.
Stickstoffdioxid
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland drei Städte identifiziert, in denen der NO2-Grenzwert überschritten wurde. Allerdings zeichnet sich für das Jahr 2022 eine Verbesserung ab, da nur noch zwei Städte voraussichtlich von dieser Problematik betroffen sein werden. München weist bereits jetzt mit einem Jahresmittelwert von 49 µg/m³ deutlich über dem Grenzwert von 40 µg/m³ eine Überschreitung auf. In Essen wird nach Abschluss der Laboranalyse von Passivsammlern ebenfalls eine Grenzwertüberschreitung erwartet.
Die Einhaltung des strengeren WHO-Richtwerts für das NO2-Jahresmittel von 10 µg/m³ blieb für etwa 75 Prozent der Messstationen, insbesondere in Ballungsräumen und Städten, unerreichbar. Eine Auswertung der durchschnittlichen Konzentrationswerte zeigt, dass der Rückgang auch im Jahr 2022 fortgesetzt wurde, wobei die mittleren NO2-Jahresmittelwerte nur geringfügig niedriger waren als im Jahr 2021.
Die Hauptquelle für Stickstoffoxide in städtischen Gebieten ist der Straßenverkehr. Besonders Diesel-Pkw tragen dazu bei. Im Zuge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie haben sich in den letzten Jahren die NO2-Konzentrationen verringert. Allerdings hat sich das Mobilitätsverhalten im Jahr 2022 wieder normalisiert. Der Rückgang der NO2-Konzentrationen ist hauptsächlich auf die fortschreitende Erneuerung der Fahrzeugflotte zurückzuführen. Es sind vermehrt deutlich sauberere Fahrzeuge in den Städten unterwegs, einschließlich schadstoffärmerer Busse.
Feinstaub
Die geltenden Grenzwerte für Feinstaub (PM10 und PM2,5) wurden deutschlandweit erneut eingehalten. Jedoch wiesen 42 Prozent der Messstationen PM10-Jahresmittelwerte auf, die den Luftgüteleitwert der WHO überstiegen. An nahezu allen der etwa 200 Stationen (99,5%) wurde der WHO-Richtwert für Feinstaub PM2,5 (5 µg/m³) überschritten. Die durchschnittlichen Feinstaubwerte blieben jedoch auf dem Niveau des Vorjahres.
In der Folgenabschätzung der EU-Kommission zur neuen Luftqualitätsrichtlinie betont Messner, dass die Luftverschmutzung als erhebliche Belastung für die Gesundheit eingestuft wird. Besonders besorgniserregend sind die langfristig hohen Feinstaubkonzentrationen, die zu einer Vielzahl von vorzeitigen Todesfällen und Krankheiten führen. In Deutschland werden etwa 28.000 vorzeitige Todesfälle und in der gesamten EU rund 238.000 vorzeitige Todesfälle aufgrund der Luftverschmutzung geschätzt. Um dieser Herausforderung entgegenzuwirken, hat die EU-Kommission im Oktober 2022 einen Vorschlag für eine neue Luftqualitätsrichtlinie mit deutlich niedrigeren Grenzwerten für das Jahr 2030 veröffentlicht. Deutschland unterstützt diese Bestrebungen zur Verbesserung der Luftqualität und wird aktiv an den europäischen Verhandlungen teilnehmen, um dieses Ziel zu erreichen.
In Ballungsräumen und Städten sind verschiedene Quellen für die Feinstaubbelastung verantwortlich. Eine der Hauptquellen ist der Straßenverkehr, insbesondere durch die Emissionen aus dem Auspuff und den Abrieb von Bremsen und Reifen. Ein weiterer wichtiger Faktor sind Öfen und Heizungen in Wohnhäusern. Zusätzlich tragen Kraft- und Fernheizwerke, die Metall- und Stahlerzeugung sowie der Umschlag von Schüttgütern zur Feinstaubbelastung bei. Eine weitere bedeutende Quelle sind die Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung. Darüber hinaus können auch Bodenerosion und Waldbrände sowie der Transport von Staub aus der Sahara zu erhöhter Feinstaubkonzentration führen.
Ozon
Im Jahr 2022 herrschte eine lang anhaltende Hitzeperiode, aber die Ozonbelastung war im Vergleich zu den Vorjahren eher durchschnittlich und blieb innerhalb der festgelegten Ziel- und Schwellwerte. Allerdings wurde flächendeckend (100%) der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Ozonrichtwert überschritten.
In den letzten Jahren ist in Deutschland eine erhöhte Anzahl von sommerlichen Hitzewellen zu beobachten. Während sich die Ozonspitzenkonzentrationen nicht erhöht haben, steigt die durchschnittliche Ozonbelastung in städtischen Gebieten an. Diese zunehmende Ozonbelastung, verbunden mit der sich verschärfenden Hitzebelastung infolge des Klimawandels, führt zu einem wachsenden Gesundheitsproblem für die dort lebenden Menschen.
Die Freisetzung von Ozon erfolgt nicht direkt, sondern entsteht durch photochemische Prozesse aus Vorläuferschadstoffen bei intensiver Sonneneinstrahlung. Diese Vorläuferschadstoffe, nämlich Stickstoffoxide und flüchtige organische Verbindungen, werden hauptsächlich durch menschliche Aktivitäten wie Straßenverkehr, Feuerungsanlagen und die Verwendung von lösemittelhaltigen Produkten wie Farben, Lacken, Klebstoffen und Reinigungsmitteln erzeugt. Darüber hinaus tragen auch natürliche Quellen flüchtiger organischer Verbindungen, wie Ausdünstungen aus Laub- und Nadelbäumen, zur Bildung von Ozon bei.
Die Kunst der präzisen Daten: Wie genau sind unsere Informationen?
Diese Auswertung wurde auf vorläufigen Daten aus den Luftmessnetzen der Länder und des Umweltbundesamtes basiert. Die Daten wurden bis zum 31. Januar 2023 noch nicht abschließend geprüft. Eine umfassende Qualitätssicherung in den Messnetzen ist im Gange, und die endgültigen Daten werden voraussichtlich Mitte 2023 zur Verfügung stehen. Obwohl die vorliegenden Daten vorläufig sind, ermöglichen sie dennoch eine allgemeine Beurteilung des vergangenen Jahres.